Frauentag 1

© Navigator Film

Regie
Johannes Holzhausen
Land
  • AT
Jahr
2008
Länge
34
Drehformat
  • DigiBeta
Aspect Ratio
  • 1:1,78 (16:9)
Ton
  • Stereo

Frauentag

Gleich am Beginn stößt man auf einen Grenzstein, das Relikt aus einer vergangenen Zeit, geformt aus fast unzerstörbarem Granit. Mitten in einem Wald, der im Zwielicht idyllisch erscheint, markiert er den Verlauf einer ansonsten unsichtbaren Trennlinie. Da liegt Bayern, dort Tschechien.

Johannes Holzhausens Film Frauentag ist eine dokumentarische Miniatur, die von diesem Ort ausgeht, um die Verwerfungen der Geschichte an Familien- und Lebenszusammenhängen zu verdeutlichen. Ein geifernder alter Mann. Eine von ihrem Geliebten jäh getrennte Frau. Ein Sohn, der zehn Jahre im Untergrund verschwindet. Das sind die Protagonisten einer Anordnung, in der es um Grenzen geht, die noch dann wirksam sind, wenn sie schon gar nicht mehr gelten – so unverrückbar, als wären sie eben aus Granit.

Vor allem der alte Wenzel hat seine Ressentiments gegenüber den Tschechen nie abgelegt. Er kommt aus dem gleichen Dorf wie Emma, das nach dem Krieg in deutsches Gebiet verlegt werden musste. Sein Nationalstolz ist das Symptom einer verletzten Männlichkeit. Emma, die Frau, in die er einst verliebt war, entschied sich für einen von drüben, für einen Tschechen.

Holzhausen legt Perspektiven auf eine Konstellation frei, in der die Historie die Züge eines Dramas bekommt. Jeder Abschnitt korrigiert das Gesamtbild. Emmas Erinnerungen kennen zum Beispiel keine verbotene Liebe. Sie hat sich über die politische Lage reinen Herzens hinweggesetzt. Für Wenzel dagegen ist die Geschichte eine immer währende Gegenwart. Jeden 15. August, zum Frauentag, belästigt er Emma mit seinen Anrufen. Sohn Herbert, Wehrdienstverweigerer, muss mit Dokumenten einer untergegangenen Ära schließlich beweisen, dass er Deutscher ist. Ironisch wird die Geschichte erst, wenn sie sich wiederholt.